13.05.2024 – Apré-concert

Spannend, aufregend, beglückend: „Ein Abend mit Brahms“ im Kloster Plankstetten

Oft geht man in ein Konzert, hört die verschiedensten Werke gut, auch sehr gut, ja manches Mal geradezu perfekt dargeboten. Nur selten aber ist das auch ein Erlebnis, ein Abend also, von dem man anders zurückkehrt als man dorthin aufgebrochen ist: Dies ereignete sich bei Klassik im Kloster mit den Musikern Amelie Böckheler-Kharadze, Violine, Giorgi Kharadze, Violoncello und Aris Blettenberg, Klavier. Er erfüllte ganz und gar die Erwartungen, die die Veranstalterin geweckt hatte, als sie meinte, man möge sich wie bei einem Festival fühlen.
Damit spielte sie auf die Tatsache an, dass der Cellist, vielfacher Preisträger berühmter Cello-Wettbewerbe, Gast bei den großen internationalen Festivals wie in Davos oder beim Rheingau Musik Festival ist und der Pianist, der sich in den letzten Jahren immer mehr zu einer namhaften Stimme im Musikleben entwickelt, etwa beim Sächsischen Mozartfest oder bei den Schwetzinger Festspielen auftritt, während die Geigerin Mitglied des Münchner Rundfunkorchesters ist.

Schon die Idee war besonders, nämlich bei einem Abend mit Brahms, drei verschiedene Werke aus drei verschiedenen Phasen des Komponisten mit jeweils anderer Besetzung zu präsentieren: das Opus 4 des 18-jährigen Brahms, ein Scherzo in es-moll für Klavier solo; die Cellosonate Nr. 2 in F-Dur und das 1. Trio in seiner Spätfassung von 1889. Will schon das Scherzo wie improvisiert gespielt sein, so entstanden die Sonate und das Trio gleichsam im Augenblick ihres Vollzugs. Es ist schwer oder eben nicht zu sagen, wem da das größte Verdienst zukam. Aris Blettenberg, dessen Part einem Klavierkonzert kaum nachstand, gelang es, sich auf seine Partner ganz einzulassen, sie nie zu übertönen. Schon beim packenden Zugriff zu Beginn der Cellosonate drängte der eine den anderen hin zu Höhepunkten, was den Saal vom Klang gleichsam durchbeben ließ. Noch nie glaubte man einen so sonoren, vollen tiefen Klang des Cellos gehört zu haben, noch nie solche Höhen in so klangschöner Vollendung, wo jeder Ton durchgestaltet und jede Melodielinie aufs feinste geformt war. Erlesenste Augenblicke brachten gerade die scheinbar einfachen Melodien im langsamen Satz, voll wehmütiger Erinnerung an das vergangene Schöne, während der dritte Satz virtuos im doppelten Sinne erschien: aufgrund der technischen Ansprüche und der doch so gelungenen klanglichen Differenzierung. – Das Trio in H-Dur war ein weiterer Höhepunkt, in den Ecksätzen ein Rausch an Klang, an immer wieder auch melancholischer Melodienseligkeit. Die Dialoge zwischen den Instrumenten, die raschen, auch ins Koboldhafte gehenden Stimmungswechsel im 2. Satz fesselten genauso wie das Adagio. Dank einer selten zu erlebenden Klanggestaltung konnten sich die Musiker bis in die zartesten Pianissimoregionen vorwagen und das extrem langsame Tempo immer lebendig erhalten. Jede Sekunde war da spannend, spannend auch zu verfolgen, wie Violine und Cello aufeinander reagierten, dann wieder miteinander gingen: Es war ein beglückender Abend.
Johann Grad

CategoryAllgemein