
„Leidenschaft trifft Leichtigkeit“ – so titulierte Prof. Manuela Jahrmärker das dritte Konzert dieser Saison von Klassik im Kloster. Dies und der Hinweis auf Arien aus vorwiegend italienischen Opern und deutschen Operetten sprach offenbar viele an, so dass ein zahlreiches Publikum die Sopranistin Antonia Modes und den Tenor Justus Rüll begrüßten. „Beide sind Berufsanfänger, die sich noch entwickeln; Rüll steht gar erst am Anfang des Studiums“, so Jahrmärker. Die Pianistin Miku Nishimoto-Neubert dagegen ist eine erfahrene und virtuose Könnerin. Alle drei Künstler zeigten bei beiden Themen ihr hervorragendes Können.
Mit Donizettis „Una furtiva lagrima“ (Eine verstohlene Träne) eröffnete Justus Rüll den Abend und ließ mit seiner hellen, klaren Stimme sogleich aufhorchen. Ausdrucksstark und machtvoll sang er, ebenso auch feinfühlig und zart. Große Bögen vom Piano zum Forte und zurück gelangen selbst ohne Begleitung geschmeidig; und hauchdünn, fast zitternd gestand er dann: „Dann kann ich sterben vor Liebe“. Auch bei Mozarts „Il mio tesoro“ hörte man die charakteristische Stimme, hohe Töne kommen leicht, und Koloraturen, die die Intensität des Gefühls ausdrücken, trug er mit viel Gefühl vor. In Schuberts „Der Musensohn“, einem herausfordernden Lied auch für das Klavier, setzte die Pianistin zielsicher den Ton, und ebenso leicht, locker und fröhlich sang der Tenor vom Frühling, vom Winter und dem jungen Völkchen bei der Linde.
Die Sopranistin Antonia Modes brillierte stimmlich und schauspielerisch insbesondere in Lehárs „Vilja Lied“ – mit flehender Stimme drückte sie die ungestillte Sehnsucht des Jägers nach dem Waldmägdelein aus, wobei sie gekonnt und sicher selbst höchste Lagen erreichte –, und hinreißend überzeugend war ihr „Schwipslied“ von Johann Strauß. Spritzig, fröhlich, heiter sang sie mit zwei Sektgläsern in der Hand und trug mit heller Stimme vor, was dabei passieren kann.
Die vier Duette, in denen die Sänger Leidenschaft und Leichtigkeit hörbar erfahrbar machten, stellten Höhepunkte eigener Art dar, nicht zuletzt, weil sie auch die szenische Situation lustvoll ausspielten. In Donizettis vorgetäuschtem Rendez-vous „Tornami a dir che m’ami“ (Komm zurück um mir zu sagen, dass du mich liebst) erklang Norinas (Modes’) Sopran sehnsuchtsvoll und leidenschaftlich; langsam näherte sich Ernesto (Rüll) der Geliebten, bis sie in ihrem gemeinsamem Schluss ihre wahre Zuneigung zeigten. Bei Verdis „Lasst uns nippen an freudigen Gläsern“ aus La Traviata ließen es sich Modes und Rüll nicht entgehen, zu ihrem leichten und spritzigen, fröhlichen und heiteren Gesang in einer eigenen Pause einen Sektkorken knallen zu lassen. Rüll sang herrlich von Liebe und Küssen, Modes in hohen Tönen von Wahnsinn und Genießen, und darauf wurde denn auch gleich angestoßen.
Souverän und mit bestechender Technik begleitete Miku Nishimoto-Neubert den Abend. Ob sie eine traurige oder frohe, eine überschäumende oder ausgelassene Stimmung einzuleiten hat: sie weiß dies hörbar vorzustellen, ebenso aber auch, sich, wo nötig, unterzuordnen oder die Stimmen zu stützen.
Kräftiger Beifall nach jedem Lied und besonders am Ende; man erklatschte sich Zugaben: ein feines und zartes Duett von Brahms erfreute die Zuhörerschaft, und Lehárs „Lippen schweigen“ begeisterte noch einmal die vielen Besucherinnen und Besucher.
Johann Grad
Foto: Johann Grad