Auch beim 4. Konzert von Klassik im Kloster mussten zusätzliche Stühle aufgestellt werden. Denn unter dem Motto „Leidenschaft, Chaos und Kurioses“ erwarteten mehr Besucherinnen und Besucher als gedacht lustige, heitere und auch nachdenkliche Lieder, Arien und Duette. Für diesen Abend konnte Prof. Manuela Jahrmärker mit der Sopranistin Isabella Gantner, dem Bariton Linus Mödl und dem Pianisten Philipp Vogler hochkarätige Musiker gewinnen. Erfreut begrüßte sie die große Zuhörerschaft, darunter auch Bischof Gregor Maria Hanke.

Dann setzte sich Pianist Vogler an den Flügel, spielte einleitende Akkorde, Gantner und Mödl traten jeder aus anderer Richtung auf, begegneten sich und spielten und sangen herzhaft fröhlich das Duett „Pa-pa-pa“ aus Mozarts Zauberflöte – ein Auftakt, der sogleich begeisterte. Als Moderator rezitierte Vogler die Liedtexte und nahm so alle auf die Erkundungsreise meist unbekannter Lieder mit: So zu Pfitzners tragisch-kurioser Geschichte von einem, der sich dreht und dreht, damit sein Zopf nicht mehr „nach hinten hing“. Mit seiner wohltuend schönen Stimme ging Mödl auf all das Drehen ein, gelassen, heftig und eindringlich, aber vergeblich, entschlossen und prägnant am Ende. Unterstützt von seiner Mimik wusste er die zwiespältige Leidenschaft für „Schön Suschen“ mit weichem, fast zarten, ebenso aber auch mit schroffem Ton zu vergegenwärtigen und seine Stimme ganz zart und leise wie im Wind vergehen zu lassen.

Den Liebesliedern von Samuel Barber verlieh die Sopranistin wie natürlich und doch höchst konzentriert eine geradezu romantische Note, obgleich sie in den 1940er Jahren entstanden: bei der „Sternenschattennacht“ mit ihrer klaren Stimme, mit feinsten Nuancen und großen Bögen, und im Nachtstück am Strand mit großem Ausdruck, der höchste Höhen, heftigen Nachdruck und getragene Ruhe gleichermaßen einschloß. Philipp Vogler erwies sich als souveräner Begleiter, nicht nur versteht er sich mit den Singenden aufs beste, er sieht sich ganz in der Aufgabe, dem Lied als Ganzem zu dienen. Sogar eine Überraschung erlaubte er sich zusammen mit Linus Mödl: nach einem der Lieder griff er zu Arthur Rubinsteins Erinnerungen, schlug darin eine beliebige Seite auf, reichte sie Mödl. Nach zwei Worten zwischen den beiden setzte sich Vogler wieder an den Flügel, präludierte, und Mödl übersetzte den zufällig vor ihm stehenden Text in musikalische Motive – schließlich ein kurzer Blickkontakt und die Improvisation ging unter heiterem Beifall zu Ende.

Höhepunkte eigener Art stellten in diesem Programm die Arien und Duette dar: In der großen Abschiedsarie des Rodrigo von seinem Freund Don Carlo und vom Leben aus Verdis Don Carlo zeigte Mödl sein fabelhaftes Können und entfaltete einen weitgespannten Ausdrucksreichtum, wobei große sonore Bögen mit dramatischen Ausbrüchen und abgeklärten, weichen und zarten Passagen wechselten. In der Tat verlieh er der Arie einen echten Verdi-Ton; der kräftige Beifall und die Bravorufe waren nur zu verdient. Isabella Gantner brillierte in anrührender Weise mit Mimis „Mi chiamano Mimi“ aus Puccinis Bohème und nicht weniger mit „Come scoglio“ aus Mozarts Così fan tutte:

Kein Sprung, keine Höhe, keine Phrase, die da nicht saß, und zugleich brachte sie alle Wechsel der Inhalte und Emotionen mit feinem schauspielerischen Talent zur Geltung. Auch sie belohnten großer Beifall und mancher Ruf. Zum Abschluss „überreichte“ Mödl mit einschmeichelnd weicher, zarter, aber auch ausdruckstarker Stimme der Hörerschaft Millöckers „Dunkelrote Rosen“. Für den Pianisten, die Sopranistin und den Bariton gab es kräftigen und andauernden Applaus und Geschenke. Das herrlich gesungene Duett „Lippen schweigen“ aus Lehárs Lustige Witwe entließ die große Zuhörerschaft in fröhlich aufgeregter Stimmung.

Johann Grad

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